Keine Spur von Steilflug

FLUGHAFEN. Alle warten weiter auf den Richterspruch des Bundesverwaltungsgerichts. Über Firmen von Willem Endstra sollen auf Airport-Konten 2004 weitere 2,5 Millionen Euro eingezahlt worden sein.

KREIS KLEVE. Das Damoklesschwert schwebt weiter über dem Flughafen Niederrhein. Zur Erinnerung: Vor fast einem Jahr - konkret am 3. Januar 2006 - hat das Oberverwaltungsgericht Münster die zivile Nutzung untersagt und eine Revision gegen das Urteil unterbunden. Die Bezirksregierung hat dagegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Dort liegt der Fall seit Monaten. Mit einer Entscheidung sei erst in einigen Wochen zu rechnen, hieß es auf NRZ-Nachfrage aus Leipzig.

Seit 1999 in den Schlagzeilen

Seit 1999 ist der Flughafen Niederrhein immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Unklar sind nach wie vor die Eigentumsverhältnisse. Die Bezirksregierung hält daran fest, dass dem Investorenkonsortium die Niederländer Hans van de Lande, Erik de Vlieger und Herman Buurman angehören. Im Kreis Kleve wird immer wieder betont, dass letzterer mit 99,9 Prozent alleiniger Eigentümer ist. Mit im Boot war in der Anfangsphase 1999 die Firma Convoy Vastgoed des Amsterdamer Immobilienhändlers Willem Endstra. Ihm wurde vorgehalten, Drogengelder in großem Stil gewaschen zu haben.

Nach einem Exklusiv-Bericht in der NRZ trennte sich Hans van de Lande im Januar 2002 von Endstra als Geschäftspartner.

Willem Endstra wurde im Mai 2004 in Amsterdam auf offener Straße erschossen. Über ihn und seine Beziehungen zur Unterwelt hat der niederländische Journalist Harry Lensink ein Buch geschrieben. Eine Lektüre übrigens, die sich wie ein Krimi liest.

In dem Buch kommen mehrfach Hans van de Lande, Erik de Vlieger und Herman Buurman zu Wort. Endstra habe sein Immobilien-Imperium, zu dem Häuser, Straßen, Ferienparks, Büros und ein Yachthafen gehörten, mit einem Flughafen krönen wollen, heißt es in dem Buch. Die deutschen Behörden hätten ihm nach kurzer Zeit "Stöcke zwischen die Beine" geworfen. Daraufhin habe Endstra Erik de Vlieger als einen der drei Investoren vorgeschoben. Den Flughafen Niederrhein habe Endstra unbedingt besitzen wollen. Buurman und Endstra hätten daraufhin den Low-Cost-Carrier V-Bird gegründet: "Das war ein Kompromiss", wird Buurman zitiert. V-Bird startete im Oktober 2003 ab Flughafen Niederrhein. Ein Jahr später folgte die Insolvenz.

Nach NRZ-Unterlagen überwies die Firma Convoy Vastgoed von Willem Endstra im Dezember 2002 1,6 Millionen Euro auf das Flughafen-Konto. Nach Recherchen des Autors nicht die einzige Finanzspritze: Nach dem Tod von Endstra sollen 2004 via Liechtenstein über ein Konto in Zürich weitere 2,5 Millionen Euro auf das Konto des Flughafens Niederrhein gegangen sein. Diese Passage basiere auf Zeugenaussagen im Prozess gegen Heineken-Entführer Willem Holleeders, der als Krimineller gilt, sagte Autor Lensink der NRZ. Laut Herman Buurman sei das Geld zurückgezahlt worden.

Positives wird hervorgehoben

Der Flughafen selbst übt sich derweil darin, die positiven Seiten des Airports herauszustreichen: Eine gute Verkehrsbilanz bilanzierte er in dieser Woche. Und bezifferte den Erfolg damit, dass die Zahl der Flugbewegungen von 7370 im Jahr 2005 auf 8260 anstieg. Um dann in einem weiteren Satz mitzuteilen, dass die Zahl der "übrigen Luftbewegungen" um 47 Prozent auf 4266 angestiegen sei. Mit anderen Worten: Rund die Hälfte der 8260 Flugbewegungen gehen auf das Konto des einzigen Billigfliegers, der derzeit ab Weeze abhebt: Ryan Air. Und der Rest? "Alles andere sind Propeller-Maschinen, Schulungsflüge und eine Airline, die Business-Flüge anbietet", weiß Airportsprecher Holger Terhorst. Der im übrigen die öffentliche Aussage von Air-Berlin-Chef Joachim Hunold, Weeze solle geschlossen werden, "klasse" findet. "Das Thema scheint ihn stark umzutreiben. Er betont das immer wieder, als Airline-Chef und in seiner Eigenschaft als Präsident des Bundes Deutscher Fluggesellschaften". Der Flughafen nehme das gelassen. "Unser Angebot, dass Air Berlin ab Weeze losfliegen kann, steht nach wie vor. Wir haben übrigens gute Kontakte zu dieser Airline", betont Terhorst.

Landrat Spreen verhandelt derzeit weiter mit Eigentümer Herman Buurman.

Harry Lensink ist Redakteur der Zeitung "Vrij Nederland". Sein Buch "Stille Willem - Der tödliche Spagat des Immobilienbarons Endstra" ist eine Rekonstruktion des Lebenslaufs des steinreichen Willem Endstra, der am 17. Mai 2004 vor seinem Büro in Amsterdam erschossen wurde. Endstra hatte damals den Ruf, Bankier der Unterwelt zu sein. Der Autor versucht mit dem Buch Antwort auf die Frage zu geben, warum sich ein Immobilienhändler mit "knallharten" Kriminellen umgab und vor allem, wer noch in den undurchsichtigen Handel verwickelt war. Die Antworten lesen sich wie ein Thriller.



12.01.2007 GABY BOCH